Die, die meinen die Kraft zu haben und ihre Knappen sind mit wehenden Fahnen zum großen G20 Gipfel geflogen, um der großen weiten Welt ihre Agenda zur Befriedung der Finanzmärkte zu unterbreiten. Besonders gut gefallen hat uns dabei der Ansatz, jetzt etwas zu tun „damit so etwas sich nicht wiederholt“. Wiederholen? Es hat doch gerade erst richtig angefangen! Die beiden wichtigsten Punkte auf der Agenda der deutschen Regierung scheien dabei die Managergehälter und die Einführung einer Börsenumsatzsteuer zu sein. Das Thema der Vergütung so genannter „Manager“ werden wir hier heute nicht beackern, wir müssen erst noch darüber nachdenken, was es mit Management zu tun hat, in einem Bullenmarkt mit Wertpapieren Geld zu verdienen und das zehnfache im Bärenmarkt wieder zu verlieren.

 

 

Zur Börsenumsatzsteuer. Eine solche Steuer ist immer wieder ein heiß diskutiertes Thema, sehen die einen doch bei deren Einführung bereits den nahenden Untergang des kapitalistischen Abendlandes und die anderen einen heilsbringenden Geldsegen aus an Ketten gelegten Finanzkolchosen, mit dem sich gegebenenfalls eine weitere, dringend benötigte zweite Reichstagskuppel finanzieren ließe. Was angesichts der hitzigen Debatten ganz in den Hintergrund gerät ist die Frage, was eine Börsenumsatzsteuer eigentlich mit den aktuellen Problemen zu tun hat und was diese in Zukunft bezogen auf diese Krise verbessern könnte. Der Grund, warum diese Frage nicht gestellt wird könnte, wie es so oft ist, an der Antwort liegen. Lautet diese doch: Nichts.

Diese Krise ist bekanntermaßen eine Schuldenkrise. Zu viele Kredite wurden aus verschiedenen Gründen zu anscheinend völlig falschen Konditionen vergeben. Diese wurden verbrieft und von „Managern“, die sich daran sicher „nach bestem Wissen und Gewissen“ nicht mehr erinnern können, gekauft und als mehr oder minder illiquide Assets in die Bücher der Banken dieser „Manager“ gebucht. Schon erstaunlich wie selektiv das Gedächtnis dieser Menschen ist, wenn Sie mal kritisiert werden, können Sie sich das üblicherweise geschätzte 1000 Jahre merken. Aber bei den Investments ging es schließlich auch nur um ein paar Billionen, das rutscht einem schon mal durch, die vielen Zahlen jeden Tag, man ist ja auch nur ein Mensch.

Diese Assets lieferten übrigens auch ohne Kreditausfälle keine sonderlich attraktiven Erträge, so lag der Risikoaufschlag vieler Transaktionen oft im tiefen einstelligen Basispunktebereich (ein Basispunkt ist 0,01%). Deshalb musste man ja auch mehrere hundert Milliarden dieser Papiere kaufen und so erklären sich auch die bizarr anmutenden, aufgeblasenen Bilanzen zahlreicher Banken. Viele Assets, viele Risiken, wenig Ertrag.

Sie merken, das Thema Börse und Börsenumsätze haben wir bisher gar nicht erwähnt, denn all diese Geschäfte sind so genannte OTC (over the counter) Geschäfte, die in der Regel per Telefon zwischen den Banken getätigt werden. Eine Börse existiert für diese Papiere nicht. Das ist von den Investmentbanken, die diese Papiere verkauften (und das übrigens immer noch tun), auch gar nicht gewünscht, denn eine Börse bedeutet Transparenz. Wenn Sie heute eine Daimleraktie kaufen (was Sie bitte nicht als Empfehlung missverstehen) und ihre Order über ihre Bank aufgeben, so wird dieses Papier über einen zentralen Markt (mittlerweile gibt es mehrere Anbieter) gehandelt. Das sieht in einer Institution folgendermaßen aus:

 

 

Das Bild zeigt eine typische Übersicht dessen, was sich in Bezug auf die entsprechende Aktie tut. Viele von Ihnen werden das so oder so ähnlich schon einmal gesehen haben. Kurse werden quasi sekündlich gestellt und es findet laufend Handel, das heißt ein erfolgreiches Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage, statt.

Vergleicht man diese Situation mit dem OTC Handel, so kann man teilweise nur noch den Kopf schütteln, wie und vor allem auf Basis welcher Daten Entscheidungen zu Investments getroffen wurden und werden. Der Prozess ist folgendermaßen: Eine Investmentbank bietet anderen Banken ein Produkt an, sagen wir mal verbriefte Kredite. Dieses Produkt ist nicht standardisiert, es gibt keine zentrale und vor allem neutrale Stelle, bei der sich ein Investor über aktuelle ernstzunehmende Kursdaten oder Handelsvolumina informieren kann. Folglich gibt es keinen Mechanismus der beiderseitigen Preisfeststellung, wie ihn eine Börse bietet. Vereinfacht gesagt, nennt die Investmenbank einen Preis, die anderen kaufen oder nicht. In einem steigenden Markt wird auch zu absurdesten Niveaus alles gekauft, was nicht wegläuft (verbriefte Kredite sind in der Regel keine guten Läufer). So lange der Markt nicht dreht, sonnen sich die Strategen im Lichte der steigenden Preise. Dreht der Markt, geht die Sonne unter. Das Problem am OTC Handel ist, dass er sich vor allem dann durch Illiquidität auszeichnet, wenn man Dinge wieder loswerden möchte. Für eine Vielzahl an Papieren gibt es nach wie vor keinen Markt. Zudem ist die Größe des OTC Markts nicht von Pappe, dagegen nehmen sich die weltweiten Aktienmärkte geradezu zwergenhaft aus.

 

 

So, bevor wir abschweifen, belassen wir es bei dieser zugebenermaßen groben Beschreibung und nennen noch einmal kurz Problem und Regierungslösungsvorschlag.

Problem:
Banken haben Papiere OTC gekauft. Diese Papiere lassen sich oft nicht mehr verkaufen. Durch Ausfälle und Ratingverschlechterung steigt die Eigenkapitalbelastung. Die de facto Insolvenz zahlreicher Banken konnte bisher nur durch vollkommene Aufweichung von Bilanzierungsregeln, Staatsgarantien und Eigenkapitalspritzen aufgeschoben werden. Die Papiere sind noch da. Da sie, wie bereits erwähnt, schlecht laufen können, werden sie auch nicht von alleine von der Bilanz heruntergehen (von Ausfällen einmal abgesehen).

Einer der Kernlösungsvorschläge der Regierung, um zu verhindern „das so etwas sich nicht wiederholt“:
Einführung einer Börsenumsatzsteuer.

Prima. Das muss ja funktionieren. Dummerweise zahlt die Börsenumsatzsteuer der normale Anleger. Sollte diese Steuer bei Institutionen anfallen, werden diese Kosten natürlich weitergereicht, sie können also schon mal die Renditerechnungen für ihre Altersversorgung und das Radiergummi herausholen. Wenn Sie zukünftig bei jedem geplanten Kauf und Verkauf jeweils 1% zahlen müssen, wird sich da so einiges ändern. Aber vielleicht kann man das ganze ja bis zu einem Freibetrag von €63,50 (bei Ehegatten €78,90) vorbehaltlich weiterer abgestufter Kinderbörsenumsatzsteuerfreibeträge in Höhe von 10% des Kindergeldes (bei studierenden Kindern Sonderregelung NK-G-stud 11 beachten!) von der Einkommensteuer absetzen. Dumm nur, dass immer weniger Menschen in Deutschland Einkommen beziehen.

Sie sehen, wir können alle gemeinsam guter Dinge sein, die machen das schon! Wenn dann noch die Bezuschussung intransparener Geschäfte eingeführt wird, dann klappts auch mit den Banken.

 

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